Ketten-Schulze


Postkarte, Poststempel 5.8.1908, Archiv
Postkarte, Poststempel 5.8.1908, Archiv

Anfang März 1903 wurde eine neue Wasserstraßen-Verordnung erlassen. In dieser stand der verhängnisvolle Satz: „Durch den großen Teupitzer See führt keine öffentliche Wasserstraße." Diese Feststellung überraschte viele. Sie ahnten Unheil und sollten recht behalten. Inwieweit der Baron Arthur Hylarion Leonie von Par­part-Parcobron auf Schloss Teupitz, der sehr gute Beziehungen in höchste Kreise besaß, seine Hand dabei im Spiele hatte, lässt sich nicht mehr eindeutig nachweisen. Die Vermutung dazu liegt nahe, da nur er daraus Nut­zen zog.

Geschäftstüchtig, wie der Baron war, nutzte er sofort die Chance, seine Interessen durchzusetzen. Er ließ am Ausgang des Mochheidegrabens in den Schweriner See eine Kette installieren. Damit wollte er verhindern, dass Wasserfahrzeuge ohne seine Zustimmung in den See einfuhren. Natürlich verlangte er dafür Wegezoll!

Zum Bedienen der Kette und zum Kassieren des Wegezolls stellte er einen Mann Namens Schultze ein. Dieser saß in einem Kahn mit einem Beutel, der an einer langen Stange befestigt war und kassierte den Wegezoll. Da­nach ließ er die Kette herunter und der Weg war frei. Dies geschah jedoch nur am Tage, nachts blieb der Zu­gang zum See verschlossen.

Kopie einer Postkarte, Archiv
Kopie einer Postkarte, Archiv

Im Volksmund hatte der Mann im Kahn schnell den Spitznamen ,Ketten-Schultze' erhalten. Der gute Mann war auch ein kleines Schlitzohr. Um sein karges Einkommen aufzubessern, verkaufte er nebenbei fleißig An­gelwürmer, obwohl sein Brotherr das Angeln in seinen Gewässern streng verboten hatte. So zogen Herr und Diener gemeinsam ihren Nutzen aus der leidigen Kette. (2)